Es gibt Tage, an denen ich meinem früheren Ich am liebsten die Hand reichen würde.
Dieser jungen Mutter, die dachte, ihr Kind müsse schneller sprechen, lauter spielen, mutiger auftreten – damit es in die Welt passt.
Dieser Mutter, die oft nervös wurde, wenn ihr Kind lieber beobachtete als mittendrin zu sein.
Dieser Mutter, die spürte, dass ihr Kind anders war – und sich fragte, ob das in Ordnung ist.
Heute weiß ich:
Es war immer in Ordnung.
Es war einfach nur anders.
Und ich wünsche mir so sehr, dass mehr Eltern den Mut finden, die Langsamkeit und Tiefe ihrer hochsensiblen Kinder zu schützen – anstatt sie dem gesellschaftlichen Erwartungsdruck zu opfern.
Warum Hochsensibilität nicht in starre Normen passt
Unsere Welt liebt Tempo:
Schnelle Antworten.
Schnelle Erfolge.
Schnelles Anpassen.
Doch viele hochsensible Kinder bewegen sich anders:
- Sie denken länger nach, bevor sie sprechen.
- Sie fühlen tiefer, bevor sie handeln.
- Sie brauchen mehr Zeit, um sich sicher zu fühlen, bevor sie sich zeigen.
Sie leben nicht im Takt der äußeren Erwartungen – sondern im Rhythmus ihres eigenen, feinen Inneren.
Und genau das macht sie so besonders.
Aber genau das wird in unserer schnellen Welt manchmal missverstanden.
Typische Situationen, in denen der Druck spürbar wird
- Beim Schuleintritt:
Das hochsensible Kind, das nicht sofort begeistert den Klassenraum stürmt, sondern zögert, scannt, atmet. - In der Freizeit:
Während andere Kinder wild toben, bleibt dein Kind lieber am Rand, beobachtet, sammelt Mut. - Beim Lernen:
Statt schnelle Antworten gibt es lange Denkpausen – nicht, weil es nichts weiß, sondern weil es in die Tiefe geht. - In Gruppen:
Lautstarke Spiele, schnelle Entscheidungen, Rollenspiele: all das überfordert schnell und fühlt sich nicht “echt” an.
Viele Eltern (vielleicht auch du?) spüren diesen gesellschaftlichen Blick:
“Warum ist dein Kind so zurückhaltend?”
“Muss es nicht lernen, sich durchzusetzen?”
“Willst du es nicht ein bisschen fordern?”
Und genau hier braucht es Mut:
Den Mut zur Langsamkeit.
Was hochsensible Kinder wirklich brauchen
Nicht mehr Anpassung.
Nicht mehr Geschwindigkeit.
Nicht mehr Härte.
Sie brauchen:
1. Sichere Räume, um zu wachsen
Orte und Menschen, bei denen sie ihr eigenes Tempo gehen dürfen – ohne gedrängt oder beschämt zu werden.
2. Vertrauen in ihre eigene Entwicklung
Nur weil etwas länger dauert, heißt das nicht, dass es falsch ist.
Ein Same, der langsam keimt, wird oft die tiefsten Wurzeln schlagen.
3. Eltern, die für sie einstehen
Es ist nicht immer leicht, „gegen den Strom“ zu schwimmen.
Aber wenn du hinter deinem Kind stehst, stärkst du seine innerste Kraft – das Vertrauen in sich selbst.
Ein Satz, der mein Herz oft getragen hat:
“Es gibt nichts, wofür er sich verbiegen muss.”
Was ich heute weiß
Heute – mit der Erfahrung vieler Jahre an der Seite eines hochsensiblen Kindes – spüre ich klar:
Die Welt braucht nicht noch mehr, die sich zu schnell anpassen.
Sie braucht Menschen, die genau hinfühlen.
Menschen, die sich Zeit nehmen.
Menschen, die die Tiefe und Echtheit bewahren, die in dieser Welt oft verloren gehen.
Und genau solche Menschen werden unsere hochsensiblen Kinder sein – wenn wir ihnen die Erlaubnis geben, sie selbst zu bleiben.